In Brasilien werden Flip-Flops gerade zum Politikum: Wegen eines Werbespots der Marke Havaianas ruft die extreme Rechte zu deren Boykott auf – und mobilisiert so schon mal für die anstehende Präsidentschaftswahl 2026.
Sie dürften das brasilianischste Modeaccessoire überhaupt sein: Havaianas. Die Menschen tragen die Flip-Flops am Strand, zu Hause, beim Einkaufen oder auf der Arbeit – es gibt sie in so gut wie allen Farben und Mustern. Die Firma verkauft nach eigenen Angaben pro Jahr 250 Millionen Paare in 100 Ländern.
Für einen Werbespot zur Feiertagskampagne engagierte Havaianas die brasilianische Schauspielerin Fernanda Torres. Sie wolle das Jahr 2026 nicht mit dem rechten Fuß starten, sagte Torres in dem Spot und spielte auf ein brasilianisches Sprichwort an, das besagt: Wer mit dem rechten Fuß ins Jahr schreitet, wird Glück haben. “Ich wünsche mir, dass Sie mit beiden Füßen ins neue Jahr starten”, so Torres. “Beide Füße in der Tür, beide Füße auf der Straße, beide Füße im Spiel.”
Bolsonaro-Sohn wittert Propaganda für die Linken
Die extreme Rechte im Land sieht darin ein politisches Statement. Von der Frau, die eine Hauptrolle im oscarprämierten Film “Für immer hier” spielt, der von der Militärdiktatur in Brasilien handelt. Torres verkörpert darin eine Widerstandskämpferin.
Für Eduardo Bolsonaro, einen der Söhne von Ex-Präsident Jair Bolsonaro, steht fest: Der Flip-Flop-Werbespot propagiert die Politik der Linken. Er habe gedacht, Havaianas seien ein Nationalsymbol, sagte Eduardo Bolsonaro in einem Social-Media-Video und hält ein Paar der Flip-Flops mit kleiner Brasilien-Flagge in den Händen.
Er habe falsch gelegen, meint er. Bolsonaro wirft die Schuhe in dem Clip in einen Mülleimer. Genau das machen gerade viele Anhänger der extremen Rechten: Einige zerschneiden ihre Havaianas sogar und stellen Videos davon ins Internet. Dazu der Aufruf, die Schuhmarke zu boykottieren.
Havaianas verliert 30 Millionen US-Dollar Marktwert
Den Boykottaufruf teilt auch der Parlamentsabgeordnete Rodrigo Valadares. Er teilt dem ARD-Studio Rio de Janeiro dazu schriftlich mit: “Havaianas hat beschlossen, seine Neutralität aufzugeben und sich klar gegen die Rechte zu positionieren. Wenn sich eine Marke politisch engagiert, verliert sie zwangsläufig Kunden.” Der Marktwert der Firma Havaianas ist in den vergangenen Tagen um mehr als 30 Millionen US-Dollar eingebrochen. Das Unternehmen selbst hat sich zu den Vorgängen bisher nicht geäußert.
Für den Soziologen Ricardo Borges fährt die extreme Rechte in Brasilien eine gezielte Kampagne gegen die Flip-Flop-Marke: “Wenn eine Frau in einem Werbespot sagt ‘Ich werde nicht mit dem rechten Fuß, sondern mit beiden Füßen ins neue Jahr gehen’, ist das für die extreme Rechte der Beweis für ihre These, dass die Linke überall ist.” Nicht nur in Parteien oder Gewerkschaften, auch in der Presse und in Unternehmen, so Borges. “Es ist für die Rechte die Gelegenheit, ihre Anhänger zu mobilisieren, zu kämpfen. Weil die Rechte in diesem Jahr diskreditiert wurde, ihr größter Anführer sitzt in Haft.”
Vorgeschmack auf Wahlkampf?
Jair Bolsonaro, Brasiliens Ex-Präsident. Das Oberste Gericht Brasiliens hat ihn schuldig gesprochen, eine kriminelle Organisation angeführt zu haben, die seine Wahlniederlage von 2022 kippen wollte. Bolsonaro hat demnach seine Anhänger angestiftet, Anfang 2023 den Kongress in Brasilia zu erstürmen. Bolsonaro Strafe: 27 Jahre Gefängnis.
Zur Präsidentschaftswahl im kommenden Herbst darf er nicht antreten. Er setzt sich dafür ein, dass sein ältester Sohn Flavio ins Rennen geht und Amtsinhaber Luiz Inácio Lula da Silva herausfordert. Der will ein weiteres Mal kandidieren. Der Streit um die Flip-Flops dürfte nur ein Vorgeschmack auf einen aufgeheizten Wahlkampf sein.
Der Werbespruch von Havaianas: “Jeder trägt sie, jeder liebt sie” trifft in Brasilien für den Moment jedenfalls nicht zu.

