Weihnachtsgottesdienste geprägt von Appellen gegen Ausgrenzung

Weihnachtsgottesdienste geprägt von Appellen gegen Ausgrenzung

 Bischof Georg Bätzing hält beim Eröffnungsgottesdienst im Dom zu Fulda eine Predigt.

Stand: 25.12.2025 13:47 Uhr

In zahlreichen Predigten am ersten Weihnachtstag richtete sich der Blick auf die eigene Gesellschaft. Gepaart mit dem Wunsch, mehr Verantwortung füreinander zu übernehmen und durch Abschottung errichtete Grenzen einzureißen.

Bundesweit wurden in evangelischen und katholischen Gottesdiensten am ersten Feiertag Weihnachtsbotschaften verbreitet. Geprägt waren viele von ihnen von dem Wunsch nach einem engeren Miteinander und einem stärkeren Füreinander einstehen. Und teils waren sie geprägt von dem Blick auf die Innen- und die internationale Politik.

So bezog der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, in seiner Predigt deutlich Stellung gegen Nationalismus und Abschottung. Statt Parolen wie “Wir zuerst!” brauche es mehr Solidarität und gemeinsame Verantwortungsübernahme. Nur so könnten die drängenden Zukunftsfragen bewältigt werden. Der Limburger Bischof führte in diesem Zusammenhang etwa das Ringen um einen besseren Klimaschutz an, ebenso wie die Sicherung eines zukunftsfesten Sozialstaates und der Demokratie. An die Besucherinnen und Besucher des Gottesdienstes wandte er sich mit der Frage:

Glauben wir ernsthaft, wir könnten Demokratie und Zusammenhalt hierzulande stärken, ohne unseren Sozialstaat zukunftsfähig zu machen, der darauf basiert, dass die Generationen füreinander einstehen?

Unverzichtbar sei, dass die Gesunden für die Kranken, die Starken für die Schwachen einstehen und so die Verpflichtung auf eine große Solidargemeinschaft erhalten bleibe, sagte Bätzing weiter und mahnte: “Wir werden auch unser freies, selbstbestimmtes Leben nicht sichern, wenn wir nicht zugleich für das Lebensrecht der besonders Verletzlichen in jeder Hinsicht eintreten.”

Die Hirten von Bethlehem – Ausgestoßene der Gesellschaft

Mit einem Blick auf die Geschichte von Jesu Geburt rückte der katholische Hamburger Erzbischof Stefan Heße in seiner Botschaft die Menschen in den Fokus, die am Rande der Gesellschaft stehen. Das spiegele die Rolle der Hirten von Bethlehem wider. Sie seien die ersten beim neugeborenen Kind Jesus gewesen, “obwohl sie eigentlich in der damaligen Gesellschaft die letzten waren”, sagte Heße laut Redemanuskript im Hamburger Mariendom. Als Tagelöhner hätten die Hirten zur Unterschicht gehört und als Gauner und “gottlos” gegolten. Was zeige, dass die Botschaft Jesu bei den Kleinen und Ausgestoßenen beginne und die Frage aufgeworfen werde:

Wer müsste in meinem Leben, in unserer Kirche, in unserem Land mehr Platz bekommen und stärkere Beachtung finden?

Mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft war auch der Tenor in der Weihnachtsbotschaft der Ratsvorsitzende. der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs. Frieden beginne im Kleinen. “Die Schwester des großen Friedens ist die Freundlichkeit im Alltag”, sagte die Hamburger Bischöfin. Jeder könne sich in seinem Umfeld freundlich seinen Mitmenschen zuwenden.

In der Oldenburger St. Lamberti-Kirche rief der evangelische Bischof Thomas Adomeit dazu auf, nicht zu verstummen, sondern den Dialog zu suchen – “am Küchentisch, in der Nachbarschaft, im Verein oder in der Öffentlichkeit”. Und das “nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Haltung: klar gegen Menschenverachtung, Ausgrenzung, klar positioniert für unsere Ordnungen, die uns den Frieden der letzten Jahre ermöglicht haben – und offen für das Gespräch”.

“Menschenwürde kommt jedem zu”

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki rief am ersten Weihnachtstag dazu auf, christliche Menschlichkeit zu leben. Vorbild für jeden sollte “Jesus als menschgewordener Sohn Gottes” sein, denn darin gründe letztendlich der einzig wahre Humanismus. Die Würde eines Menschen sei es, Gottes Ebenbild zu sein, betonte Woelki.

Diese Menschenwürde komme jedem zu, “ganz gleich, ob Frau, Mann oder Kind, ob reich oder arm, ob weiß oder schwarz, ob Christ oder Nicht-Christ”. Daher sei der Mensch unantastbar. Denn wer sich am Ebenbild vergreife, vergreife sich auch am Urbild, an Gott. “Daher hat auch niemand das Recht, über menschliches Leben zu verfügen, weder über das ungeborene Leben noch über das altgewordene oder kranke.”

“Bleiben wir Visionäre des Friedens”

Andere auszuschließen oder sich gar über andere zu stellen, dagegen wandte sich auch der katholische Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer. “Das Kind von Bethlehem widerspricht jeder Form von Verachtung, Ausgrenzung und Verrohung der Sprache”, mahnte er. Er bezeichnete Weihnachten als “hochpolitisch”, denn “Jesu Botschaft ist damals wie heute Gottes Widerspruch gegen eine Welt, die ihre Probleme mit Gewalt und Krieg lösen will”. Jesus habe Feindesliebe gelehrt, erklärte Wilmer. In einer Welt, in der die Gewalttätigen den Rhythmus des Weltgeschehens bestimmten, überfordere viele diese Haltung. “Aber ich höre seine Worte auch als Ermutigung, Frieden immer wieder zu versuchen.”

In seiner Predigt nahm Wilmer direkten Bezug auf den russischen Krieg gegen die Ukraine, der ein friedliches Europa zutiefst erschüttert habe. Und auch auf den mutmaßlich antisemitisch motivierten Anschlag auf ein jüdisches Fest am Bondi Beach im australischen Sydney. Solche Taten “schreien zum Himmel”, so der Bischof. Er betonte: “Als Christen widersprechen wir jedem Hass und stehen fest an der Seite des jüdischen Volkes.”

Es gebe keine Patentlösung für ein Ende von Gewalt und Krieg. Jesus stelle den Menschen aber eine “Vision des Friedens” vor Augen, sagte Wilmer und rief dazu auf: “Bleiben wir allen Widrigkeiten zum Trotz Visionäre des Friedens. Diese Vision wird sich auf lange Sicht durchsetzen.”

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