Unser Kälteempfinden hängt von vielen Faktoren ab. Doch das Frieren lässt sich auch abtrainieren. Tipps, wie das gelingt, und warum das Geschlecht, Schlafmangel und Alkoholkonsum fürs Kälteempfinden eine Rolle spielen.
Jetzt im Winter ist es für manche Menschen besonders schlimm: Sie frieren ständig, haben gefühlt immer kalte Hände und Füße. Besonders Frauen frieren leicht, heißt es. Doch stimmt das überhaupt, oder ist das ein Mythos? Und warum können manche selbst bei eisigen Temperaturen bauchfrei herumlaufen, ohne zu frieren? Es gibt viele Gründe, warum manche Menschen leicht und manche weniger schnell frieren, sagen Mediziner.
Warum Frauen tatsächlich schneller frieren als Männer
Forschende haben das Kälteempfinden von Männern und Frauen untersucht. Frauen haben in der Regel weniger Muskelmasse und verbrauchen weniger Energie als Männer. Dadurch frieren Frauen tatsächlich schneller als Männer. Muskeln produzieren schließlich Wärme. Und wer mehr davon hat – Männer haben im Durchschnitt 25 Prozent mehr Muskelmasse als Frauen -, der kann auch mehr Wärme produzieren und friert weniger.
Außerdem geben Frauen mehr Wärme über ihre Haut ab als Männer, weil die weibliche Haut dünner ist und deshalb nicht so gut isoliert. Ein weiterer Grund sind laut Studien die unterschiedlichen Hormone. Während das männliche Hormon Testosteron für mehr Muskelaufbau sorgt, wird durch das weibliche Hormon Östrogen die Fettproduktion angekurbelt. Der höhere Fettanteil ist zwar gut für die Isolation des Körperinneren gegenüber der Haut. Die Haut fühlt sich aber kühler an, weshalb Frauen trotzdem leichter frieren als Männer.
Ältere frieren leichter als Jüngere
Aber nicht nur Frauen frieren leichter als Männer. Auch ältere Menschen frieren schneller als jüngere, erklärt Professor Thomas Korff, Humanbiologe an der Universität Heidelberg. “Je jünger man ist, umso mehr Grundumsatz hat man.” Grundumsatz, das sei der Energieverbrauch, der für die Lebenserhaltung und auch für die Erzeugung von Temperatur über die Muskeln benötigt werde, sagt der Physiologe. Im Alter von 15 bis 19 Jahren habe ein normal trainierter Mann etwa 1.800 Kilokalorien Grundumsatz, mit 65 Jahren wären es nur noch 1.400, so Korff.
Aber nicht nur der höhere Energieverbrauch lässt junge Menschen weniger frieren. Jugendliche und junge Erwachsene haben einen höheren Östrogen- beziehungsweise Testosteronspiegel als ältere Menschen. Auch der sorgt bei ihnen für Wärme.
Coolness-Faktor sorgt für weniger Kälteempfinden
Jugendliche frieren tatsächlich nicht so schnell. Auch nicht im Schwimmbad – auch wenn das Wasser noch so kalt ist und die Lippen schon blau. Wenn sie Spaß haben, nehmen Jugendliche die Kälte nicht wahr. Aber: Jüngere Kinder kühlen schnell aus – anders als Teenager – weil sie klein und zart sind.
Kälteempfinden: Schlafmangel spielt eine Rolle
Das Kälteempfinden ist auch von der individuellen Verfassung abhängig. Schlafmangel etwa stresst den menschlichen Körper. Er schüttet daraufhin Adrenalin aus. Alle nicht akut lebensnotwendigen Funktionen werden dann zugunsten von dringend gebrauchten Organen wie Lunge oder Herz abgeschaltet. Die Folge: Die Haut wird nicht mehr so gut durchblutet, der Körper kühlt aus, wir frieren.
Die Wirkung von Alkoholkonsum auf das Kälteempfinden
Auch Alkoholkonsum führt dazu, dass wir Menschen schneller frieren. Erst weiten sich die Blutgefäße. Das macht erstmal wohlig warm, aber dann strahlen die geweiteten Blutgefäße viel Wärme ab, und wir frieren noch mehr als vorher.
Kälteempfinden und die Rolle der Gene
Das Kälteempfinden ist auch genetisch bedingt: Manche Menschen frieren einfach mehr als andere. Wissenschaftler vermuten, dass daran die Dichte und Verteilung der Kälterezeptoren in der Haut schuld sind, die von Mensch zu Mensch variieren.
Kälte und Erkältung – wie das zusammenhängt
Ein Problem bei Kälte ist auch: Die Schleimhäute werden schlechter durchblutet, sodass die Produktion von Schleim und Feuchtigkeit abnimmt. “Diese Schutzfunktion, die Barrierefunktion, die wir durch Schleim zum Beispiel haben, die wird geschwächt oder ist gar nicht mehr da“, erklärt Korff. Vorhandene Keime haben dann leichtes Spiel und können sich vermehren – auch, weil das Immunsystem bei Unterkühlung geschwächt ist.
“Kälte allein macht nicht krank”, so der Wissenschaftler. “Aber in dieser Kombination mit vorhandenen Keimen steigt dann die Wahrscheinlichkeit, dass – wenn ich Keimen exponiert bin und ausgekühlt bin, ich mich erkälte.”
Tipps: Wie man sich das Frieren abtrainiert
- Nicht zu sehr heizen: Wer zu Hause an 19 Grad Raumtemperatur gewöhnt ist, der kommt gut damit zurecht. Der empfindet es sogar woanders, wo mehr geheizt wird, als unangenehm warm.
- Wechselduschen: Nach einer warmen Dusche noch mal 30 Sekunden unters kalte Wasser stellen.
- Saunagänge: Auch hier werden die Blutgefäße durch die wechselnden Temperaturen trainiert. Sie lernen, sich blitzschnell weit oder eng zu stellen.
- Körperliche Fitness: Wer in Bewegung ist, dem wird warm. Wer mehr Muskelmasse hat, friert ebenfalls nicht so schnell.
Lässt sich Frieren gar nicht vermeiden, sollte man die Arme eng anlegen, die Beine schließen und eine leicht gebückte Haltung einnehmen. Das verringert die Körperoberfläche, die mit Kälte in Berührung kommt.
Und auch das hilft immer: Ein Heißgetränk und sich warm anziehen – am besten mehrere Kleiderlagen übereinander. Sie wärmen wegen der dazwischen liegenden isolierenden Luftschichten besser als ein dickes Kleidungsstück.
