Italiens Senat hat eine Justizreform gebilligt, die der Regierung mehr Einfluss auf Personalentscheidungen geben könnte. Kritik kommt nicht nur von der Opposition – auch die Justiz sieht ihre Unabhängigkeit in Gefahr.
Der italienische Senat hat mit großer Mehrheit eine Justizreform verabschiedet, die die italienischen Gerichte effizienter und schneller machen soll. Außerdem soll sie eine Praxis beenden, die in Italien eine lange Tradition hat, nämlich dass Staatsanwälte nach einigen Berufsjahren in den Richterstand wechseln können. In Zukunft sollen die beruflichen Laufbahnen strikt getrennt sein.
Was nach einer marginalen organisatorischen Änderung in den Tiefen der Geschäftsordnung klingt, hat aber eine politische Dimension: So soll auch das gesamte Berufungsverfahren von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten geändert werden. Die Politik bekäme nach der Reform indirekt Einfluss auf Personalentscheidungen, so die Befürchtung, die von Vertretern von Staatsanwälten und Richtern, aber auch der Opposition geäußert wird.
Regierung wirft Gerichten Blockaden vor
Und die ist gewiss nicht ganz unberechtigt: Denn immer wieder wirft die Regierung von Giorgia Meloni Richtern und Staatsanwaltschaften mitunter pauschal vor, eine linke Agenda zu verfolgen und mit unliebsamen Urteilen die Regierungsarbeit zu blockieren.
Nachzuverfolgen am gestrigen Abend: Da hatte der italienische Rechnungshof seine Bedenken gegen die Mega-Brücke über die Meeresenge von Messina geäußert. Meloni kommentierte die Einwände des Rechnungshofs mit einer Schelte der Rechnungshofrichter, sie würden die Regierung am Arbeiten hindern.
Auch als Gerichte im Jahr 2024 die Überstellung von Geflüchteten nach Albanien in ein italienisches Flüchtlingsaußenlager stoppten, war für die rechte Regierung klar, dass dieses Urteil politisch motiviert ist.
Regierung könnte Referendum anstreben
Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz haben in Italien eine lange Tradition – seit Medienunternehmer Silvio Berlusconi in den 1990er-Jahren in die Politik einstieg und auf Anhieb zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Er musste sich in vielen Prozessen verantworten und unterstellte den Staatsanwälten, ihn zu verfolgen. Berlusconi starb im Jahr 2023.
Seine Partei Forza Italia ist Teil der rechten Regierung und gilt als treibende Kraft hinter der Justizreform. Noch hat diese nicht sämtliche Hürden genommen, denn für eine Verfassungsänderung verfehlte die rechte Regierung die Zweidrittel-Mehrheit.
Die Opposition hatte von Beginn an signalisiert, die Reform als einen Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit abzulehnen. Die Regierung wird nun voraussichtlich im Frühjahr 2026 ein Referendum anstreben, um die Justiz umzubauen.
