Studie: Ältere verursachen Unfälle oft wegen Notfällen

Studie: Ältere verursachen Unfälle oft wegen Notfällen

Eine Seniorin sitzt am Steuer eines Pkw

Stand: 28.10.2025 18:25 Uhr

Verpflichtende Tests für Senioren im Straßenverkehr? Die könnten nur einen Bruchteil der Unfälle verhindern, zeigt eine Studie. Was die Forscher stattdessen zur Vorbeugung empfehlen.

Laura Bisch

Thomas Denzel

Heinz Vetter aus dem schwäbischen Leinzell ist 89 Jahre alt und gehbehindert – und immer noch mit dem Auto auf der Straße unterwegs. Er ist der Meinung: Gerade, weil er körperlich nicht mehr so mobil ist, könne er nicht auf das Auto verzichten. Es sei seine “Verbindung nach außen”, sagt Vetter.

Auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen? Das sei für ihn keine Option – etwa, wenn er eingekauft habe, so Vetter weiter. “Wenn ich gehbehindert bin, kann ich nicht mit schweren Taschen zur Bushaltestelle gehen und mit dem Bus nach Hause fahren”.

Führerschein seit 69 Jahren – eine Gefahr?

Seinen Führerschein hat der 89-Jährige seit 69 Jahren. Und – so sagt er – hinter dem Steuer fühlt er sich noch fit.  

Zur Gefahr für Andere aber wolle er nicht werden, sagt Vetter. Deshalb geht der Rentner regelmäßig in die örtliche Fahrschule im schwäbischen Leinzell, um seine Fahrtüchtigkeit checken zu lassen. “Der Grund war der, dass ich selbst das Gefühl hatte, du musst dich mal überprüfen lassen.” Außerdem habe Vetters Familie ihn darauf angesprochen.   

Fahrstunden für Senioren im eigenen Auto

Auf dem Beifahrersitz neben ihm sitzt Fahrlehrerin Heike Hilbig. Sie prüft Senioren in deren Auto auf freiwilliger Basis.  

Bei der Fahrt achtet Hilbig etwa auf Abstände zu Spiegeln bei parkenden Fahrzeugen oder darauf, wie gut jemand die Spur halten kann. “Wenn ich zum Beispiel bei der Vorbeifahrt an Kindern merke, dass da überhaupt keine Reaktion ist, dann ist das für mich ein Alarmsignal.”  

Im Unterschied zu einer “richtigen Fahrschule” gibt die Fahrlehrerin die Ergebnisse der Fahrprüfung nur an den Fahrer selbst weiter und hofft, dass der ihre Einschätzung ernst nimmt. Das Ergebnis des Fahrtests ist nicht verbindlich.  

Für den 89-jährigen läuft das größtenteils gut – auch in engen Gassen. Auf der Landstraße aber muss er sich dagegen ein paar Verbesserungsvorschläge gefallen lassen: Weiter rechts fahren – zum Beispiel.  

Studie: Unfälle häufig durch medizinische Probleme

Eine Studie zur Unfallforschung der Björn Steiger Stiftung aus Baden-Württemberg betrachtet etwa schwere Unfälle wegen medizinischer Probleme unter anderem bei über 75-jährigen Fahrern und Fahrerinnen. Die Forscher hatten für die Studie die Unfalldaten von 230.000 polizeilich aufgenommenen Unfällen detailliert untersucht.  

Die Studie kommt zum Ergebnis, dass von Senioren verursachte Unfälle mit Verletzten und Getöteten überwiegend auf akute medizinische Ereignisse oder Notfälle zurückzuführen seien. Das können demnach etwa Schwindel, Unwohlsein, Krämpfe oder Ohnmachtsanfälle sein – aber auch Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Bei nur einem Prozent waren geistige Mängel die Ursache für die Unfälle. 60 Prozent der Unfälle gehen auf akute körperliche Probleme zurück. Der Rest konnte nicht näher bestimmt werden.  

Unfallforscher: Schlaganfall lässt sich nicht vorhersagen

Siegfried Brockmann, Unfallforscher bei der Björn-Steiger-Stiftung, sieht in verpflichtenden Gesundheitstests keinen Sinn, da sich in den meisten Fällen diese Ereignisse schwer oder gar nicht vorhersagen ließen. Insofern sei es auch richtig, dass die EU keine Gesundheitstests vorschreibe. Brockmann erklärt: “Ich kann jetzt nicht wissen, ob jemand in drei Tagen oder in einer Woche einen Herzanfall kriegt oder gar einen Schlaganfall. Das kann man vorher gar nicht ermitteln. Und das macht das Ganze so kompliziert.” 

Brockmann sieht für die Früherkennung Hausärzte in einer Schlüsselstellung: Mithilfe eines Frage- und Untersuchungsverfahrens könnten zumindest problematische Fälle besser identifiziert und optimal medikamentös eingestellt werden. Ein solches Verfahren müsse aber erst noch entwickelt werden.  

Technische Lösungen für mehr Sicherheit?

Tatsächlich helfen könnten dagegen technische Lösungen, erklärt Brockmann: “Theoretisch hätten Autos heute schon die Möglichkeit, über das Lenkrad Parameter wie Herzschlag, wie Blutdruck und ähnliche Dinge abzugreifen, sogar ein EKG während der Fahrt zu erstellen”, sagt der Unfallforscher. Aber auch sogenannte Wearables – wie etwa Fitness-Uhren – könnten helfen, denn diese können teils jetzt schon Parameter wie den Blutdruck messen. 

Verbinde man solche Tools mit einer Kamera, die den Fahrer beobachte – etwa, wenn der Kopf nach vorne sackt – dann könne das Fahrzeug selbsttätig eingreifen und sicher zum Halten kommen, führt Brockmann aus.   

Heinz Vetter jedenfalls hat seinen Test bestanden. Er will weiter Auto fahren – aber spätestens in einem halben Jahr zum nächsten Test kommen. 

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