Rückkehr nach Herzberg: “Heeme ist’s auch schön”

Rückkehr nach Herzberg: “Heeme ist’s auch schön”

Eine Dorfstraße in Herzberg (Brandenburg).

Stand: 30.12.2025 16:46 Uhr

Herzberg in Südbrandenburg will wieder wachsen. Eine Rückkehrer-Initiative hilft Menschen, im alten Zuhause wieder Fuß zu fassen. Dabei geht es oft um mehr als Arbeiten, Wohnen und Verkehrsanbindung.

Anke Hahn (RBB)

Die Zeit nach Weihnachten ist ein idealer Zeitpunkt für einen sogenannten Rückkehrer-Tag, findet Julia Procopius von “Comeback Elbe-Elster”. Leute, die hier ihre Wurzeln und noch Familie hätten, kämen sowieso in ihre alte Heimat und hätten Zeit, sich über die Möglichkeiten der Region zu informieren, sagt sie. Und der diesjährige Rückkehrer-Tag gibt ihr Recht. Es kommen etwa 20 Interessierte, um die Angebote von Firmen, Vermietern, Verbänden und Vereinen zu besuchen.

Eine davon ist Simone Kanter, die aus Herzberg stammt, aber jetzt in Berlin wohnt. Das ist ihr jetzt aber zu groß und unpersönlich, deshalb will die junge Frau zurück. Diese Entscheidung ist schon gefallen. Nun geht es um die Frage, wie ihre Zukunft hier aussehen könnte.

Julia Procopius kann ihr da gute Tipps geben, schließlich war sie selbst vor sechs Jahren in dieser Situation. Sie kehrte aus Braunschweig zurück und baute sich in ihrer alten Heimat eine neue Existenz auf. Sie weiß, wo Anträge für Kitaplätze gestellt werden müssen, welche Arbeitgeber es gibt und wo freie Wohnungen oder Bauland zu finden sind. Weil sie selbst damals von “Comeback Elbe-Elster” profitiert hat, will sie diese Unterstützung nun an andere weitergeben.

Informationen und Kontakte, keine Reklame

Werbung für Herzberg macht sie aber nicht, auch wenn der Slogan von “Comeback Elbe-Elster” “Heeme ist’s auch schön” lautet, was so viel heißt wie: Zuhause ist es auch schön. Julia Procopius sieht sich eher als Unterstützerin von Menschen, die schon wissen, dass sie hierherziehen wollen. Und das sind vor allem Rückkehrer, denn Herzberg ist zwar eine hübsche mittelalterliche Kleinstadt am Ufer der Schwarzen Elster gelegen, aber eben jeweils etwa 100 Kilometer von Berlin, Leipzig und Dresden entfernt.

Herzberg ist tiefste Provinz mit ein bisschen Industrie und Gewerbe. Die Gemeinde mit etwa 8.700 Einwohnern punktet durchaus mit einem reichen Angebot an Initiativen und Vereinen, mit Stadion, Schwimmbad, Tennisplätzen, einem Krankenhaus mit moderner Kinderstation und sogar mit einem Botanischen Garten und Planetarium, aber das tun auch viele andere Orte deutschlandweit. Zwingende Gründe hierher zu ziehen, gibt es also für Ortsfremde wenige. Im Gegenteil, noch immer gehen vor allem junge Menschen weg von hier, weil anderswo mehr Möglichkeiten locken.

Neuentdeckte Heimat

Doch inzwischen kommen viele von ihnen wieder zurück, so wie damals Julia Procopius oder in diesem Jahr Oliver Meinicke. Der 37-jährige Kunst- und Glockengießer war 15 Jahre in Jena, Berlin und Bayern, hat studiert, zwei Berufe gelernt und seinen Meister gemacht, aber irgendwann zog es ihn wieder nach Herzberg. Er sagt, er hätte nie gedacht, dass er so etwas wie ein Zuhause oder eine Heimat brauche, aber jetzt wisse er, dass er dieses Gefühl einen Ort zu haben, wo er verwurzelt sei, und neue Wurzeln schlagen könne, hier in Herzberg habe.

Dafür hat er sogar seine Partnerin davon überzeugt, ihr Heimatland Bayern zu verlassen. Seine Argumente: Ihr gemeinsamer Sohn könne in Herzberg gut aufwachsen, es gebe freie Kitaplätze, freie Wohnungen und viele Jobs. Die Lebenshaltungskosten seien deutlich niedriger als etwa in Straubing. Dort hätten sie sich nie einen Hausbau leisten können, hier schon. Und dann noch die Familienanbindung. Oliver Meinickes Mutter ist inzwischen Rentnerin, und möchte gern eine aktive Oma sein.

Familie und die Vorteile von Landleben

Es sind genau diese Gründe, die viele ehemalige Herzberger an Rückkehr denken ließen, sagt Julia Procopius. Familie sei das wichtigste Argument für viele, aber auch das ländliche ruhigere Leben in der Natur locke viele, die ihre Kinder in einer gesunden Umwelt aufwachsen lassen wollen. Die Lebenshaltungskosten und die Auswahl an Wohnmöglichkeiten in Zeiten steigender Mieten anderswo spielen auch eine Rolle.

Für Oliver Meinicke wiegt das auch den Mangel an Kultur, Ausgehmöglichkeiten und Shoppingvarianten auf. “Wenn man etwas erleben will, muss man dann eben nach Berlin, Leipzig oder Dresden fahren”, sagt er. Aber als junger Familienvater brauche er das sowieso nicht so oft. Er erfreue sich im Moment eher daran, dass er sich in der Gemeinde gut eingebunden fühle. Wenn er nach 15 Jahren Abwesenheit wieder in die Kneipe komme und mit: “Hallo Olli, wie geht es Dir?” begrüßt werde, sei das “cool”.

Auch Julia Procopius findet ihre Entscheidung, in ihre alte Heimat zurückgegangen zu sein, bis heute richtig. Sie hat eine Werbeagentur gegründet, ein Kind bekommen und engagiert sich jetzt nach der Elternzeit wieder bei “Comeback Elbe-Elster”. Das erzählt sie beim Rückkehrertag auch der Interessentin Simone Kanter und verspricht ihr Unterstützung bei der Suche nach Job, Gewerberäumen, Wohnung und so weiter. Sie will Informationen weitergeben und auch erste Kontakte vermitteln. In zwei bis drei Jahren spätestens will Simone Kanter dann auch wieder eine Neu-Alt-Herzbergin werden.

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