Prozess in München: Haftstrafe für Russland-Spion Dieter S.

Prozess in München: Haftstrafe für Russland-Spion Dieter S.

Der Angeklagte Dieter S. (links) spricht mit seinem Anwalt, während er vor Gericht in München auf sein Urteil wartet.

Stand: 30.10.2025 12:42 Uhr

Der Deutschrusse Dieter S. ist wegen Spionage für Russland zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte mit Komplizen unter anderem Sabotageakte gegen Bahnstrecken verübt – so die Überzeugung des Oberlandesgerichts München.

Das Oberlandesgericht München hat drei Männer wegen Spionage für Russland verurteilt. Der Deutschrusse Dieter S. wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt. Die zwei Mitangeklagten, Alexander J. und Alex D., erhielten Bewährungsstrafen von zwölf beziehungsweise sechs Monaten. Alle drei Männer hatten die Vorwürfe bestritten.

Im Mittelpunkt des Prozesses stand Dieter S. Für ihn hatte die Bundesanwaltschaft in ihrem Plädoyer acht Jahre und acht Monate Haft gefordert. Nach ihrer Überzeugung handelte Dieter S. im Auftrag eines russischen Geheimdienstes. Mit seinen Komplizen soll er nicht nur Bahnstrecken im Visier gehabt haben, sondern auch militärische Infrastruktur in Deutschland ausgespäht haben, um mögliche Anschläge vorzubereiten.

Mitgliedschaft in terroristischer Vereinigung

Das Gericht sieht bei Dieter S. auch den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bestätigt. Der heute 42-Jährige soll sich 2014 prorussischen Milizen in der Ostukraine angeschlossen haben. Er soll Mitglied der sogenannten “Pyatnashka-Brigade” gewesen sein – einer Einheit der selbsternannten “Volksrepublik Donezk”, die von der deutschen Justiz als terroristische Vereinigung eingestuft wird.

Während des Prozesses hatten die  Verteidiger von Dieter S. dies angezweifelt. Fotos, die Dieter S. in Kampfmontur  zeigten, könnten etwa inszeniert gewesen sein. Ihr Mandant sei ein Schauspieler, ein Aufschneider, einer, der viel behaupte, um akzeptiert zu werden und um “Frauen flach zu legen”, hieß es. 

Kurz vor der Verkündung des Urteils waren allerdings neue Details bekannt geworden, die den Verdacht nahe legen, dass Dieter S. 2014 aktiv den Kontakt zu pro-russischen Einheiten suchte. Dem SWR liegen vertrauliche Chatprotokolle aus dieser Zeit vor. Darin tauschten sich Männer aus, die mutmaßlich Kampfhandlungen der Brigaden von Moskau aus steuerten und Verbindung zu Spezialeinheiten des russischen Geheimdienstes GRU hatten. Ihre Aufgabe war es demnach, Kämpfer zu rekrutieren und einzelnen Brigaden zuzuweisen. Zudem sollen sie potentiellen Rekruten Korridore mitgeteilt haben, über die sie in das Kampfgebiet hätten einreisen können. 

“In meiner Seele bin ich Russe”

Am 15. November 2014 teilt ein Mann namens Igor B. in einer Chatgruppe den Wortlaut einer Nachricht, die ihn erreicht habe. Demnach hatte sich ein Mann aus Deutschland gemeldet. Der Nachricht zufolge hatte der Mann zwar keine Kampferfahrung, wollte sich aber freiwillig engagieren und helfen. In dem Wortlaut heißt es: “Ich wurde zwar aus dem Mutterland geholt und meine Vorfahren sind Deutsche, aber in meiner Seele bin ich Russe und werde es immer bleiben.”

Der Name des Mannes: Dmitrij S.. Zu diesem Mann wird in den Chatprotokollen ein Social Media Profil verlinkt. Auf diesem gibt es eindeutige Bezüge zu Dieter S. Unter anderem ein Video mit einem Fahrzeug mit Bayreuther Kennzeichen. Bayreuth ist dessen letzter Aufenthaltsort. Dies und weitere Recherchen lassen die Vermutung zu, dass es sich bei der Person um Dieter S. handelt, also um jenen Mann, der in München vor Gericht steht.

Mit Igor B. soll S. sich auch über die Reiseroute ausgetauscht haben. Dabei soll S. vorgeschlagen haben, mit dem Auto zu kommen. Geplantes Ankunftsdatum und Ziel waren den Chats zufolge der 16. Dezember 2014 in der Region Rostow. Beide Angaben stimmen mit den Ermittlungsergebnissen des Generalbundesanwalts überein, die während des Prozesses bekannt wurden. Der SWR konnte mindestens einen der mutmaßlichen Hintermänner, die sich in den Chats austauschten, als offiziellen Kontaktmann für die “Volksrepublik Donezk” identifizieren. 

Anwalt weist Vorwurf zurück

Dieter S. äußert sich auf SWR-Anfrage nicht zu einer mutmaßlichen aktiven Bewerbung bei pro-russischen Einheiten. Sein Anwalt teilt schriftlich mit, was sein Mandant zu sagen habe, habe er gegenüber dem Bundeskriminalamt und dem Oberlandesgericht München ausgesagt.

Weiter heißt es: “Mein Mandant hat bestritten, sich an der Pyatnashka-Brigade beteiligt zu haben. Demnach müssen Ihre entgegenstehenden Informationen unzutreffend sein.” Auf SWR-Anfrage, ob ihr diese Chatprotokolle bekannt sind, teilte die Bundesanwaltschaft mit, man wolle sich dazu nicht äußern.

Comments

No comments yet. Why don’t you start the discussion?

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *