Nachruf: “BB” – ein Mythos mit Kratzern

Nachruf: “BB” – ein Mythos mit Kratzern

Brigitte Bardot


Nachruf

Stand: 28.12.2025 13:37 Uhr

In den 50er-Jahren war es ihre demonstrative Unabhängigkeit, später sorgte sie mit ihren politischen Ansichten für Aufruhr. Jetzt ist Frankreichs große Filmikone Brigitte Bardot mit 91 Jahren gestorben.

Julia Borutta

So hatte noch keine auf der Leinwand getanzt: barfuß, wild, lasziv. Mit dem Film “Und immer lockt das Weib” aus dem Jahr 1956 wird die damals 22-jährige Brigitte Bardot weltberühmt.

“BB”, wie sie fortan genannt wird, avanciert zur meistfotografierten Person ihrer Zeit: Schmollmund, blond, aufreizend und unabhängig – ein Vorbild für viele Frauen, vergöttert von Männern, verhasst von Moralaposteln. Sie lebt das Gegenmodell zu ihrer bürgerlich-katholischen Herkunft als Tochter eines Industriellen.

Sie geht wechselnde Liebschaften und vier Ehen ein – unter anderem mit dem Schauspieler Jean-Louis Trintignant und dem als Playboy bekannten Deutschen Gunter Sachs. Bardot dreht etwa 50 Filme. Nouvelle-Vague-Regisseur Jean-Luc Godard besetzt sie 1963 in dem hollywoodkritischen Kunstfilm “Die Verachtung”.

Ikone der Frauenbewegung

Der Rummel um “BB” wird immer größer. Sie feiert Erfolge als Model, Schauspielerin und Sängerin. Mit dem Chansonnier und Provokateur Serge Gainsbourg singt sie “Bonnie and Clyde”. 

Ihre freizügige Selbstbestimmtheit macht sie zur Ikone der Frauenbewegung. Dabei ist ihre Haltung zum Feminismus ambivalent: “Ich finde es gut, dass sich die Frauen befreien, aber man muss sich ja nicht einer Bewegung anschließen”, sagte sie einst. Man könne sich befreien, ohne gleich radikal zu werden. “Wir sollten uns bewusst sein, dass eine Frau das Schönste ist, was es auf der Welt gibt – wenn sie eine wahre Frau bleibt.”

Für Tierschutz – und Marine Le Pen

Mitte der 70er-Jahre mit knapp 40 hört Bardot mit dem Schauspielen auf und zieht sich nach Saint-Tropez an die Côte d’Azur zurück. Später erinnert sich der Bürgermeister des glamourösen Hafenstädtchens: “Auf den Touristenbooten hieß es: Zu ihrer Linken können sie gleich hinter dem Anleger das Haus von Brigitte Bardot sehen!”

Aus ihrem Anwesen La Madrague machte Brigitte Bardot eine Zuflucht für sich und ihre Tiere. In der Öffentlichkeit zeigte sie sich kaum noch. Ihren Ruhm setzte sie unermüdlich für Kampagnen gegen Tierquälerei überall auf der Welt ein.

Und avancierte zu einer populären Stimme der französischen Rechten: “Die französische Gesellschaft entwickelt sich nicht in die richtige Richtung, deshalb bin ich konservativ”, sagte sie. “Ich mag Marine Le Pen sehr. Sie ist die einzige Frau, die Eier hat. Sie hat eine Vision von Frankreich, die ich gerne umgesetzt sähe.”

Mythos angeschlagen, aber ungebrochen

In ihrem Buch “Ein Ruf aus der Stille” von 2003 geißelt sie die angebliche Islamisierung, äußert sich abfällig über Migranten, glorifiziert das Frankreich der 1950er- und 60er-Jahren und beklagt den Niedergang französischer Werte und Traditionen: “Früher habe ich mit meinem Hintern schockiert, jetzt schockiere ich mit meinen Büchern. Das ist das Gleiche.”

Mehrmals wird sie wegen Aufstachelung zum Rassenhass verurteilt. Und im Zusammenhang mit der MeToo-Debatte 2018 bezeichnet sie die Anschuldigungen von Schauspielerinnen gegen Produzenten und Regisseure als “scheinheilig und lächerlich”. So hatte das Image von Brigitte Bardot an ihrem Lebensabend Kratzer bekommen. Der Mythos “BB” aber war bis zuletzt ungebrochen.

 

Comments

No comments yet. Why don’t you start the discussion?

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *