Merz in der Türkei – deutsch-türkische Beziehungspflege

Merz in der Türkei – deutsch-türkische Beziehungspflege

Friedrich Merz und Recep Tayyip Erdogan

Stand: 30.10.2025 16:27 Uhr

Friedrich Merz hat sich heute mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdoğan getroffen. Es ist ein besonderer Besuch, der von deutsch-türkischer Beziehungspflege geprägt war. Nur beim Thema Nahost kam es zum Disput.

Evi Seibert

Bundeskanzler Friedrich Merz bekommt zunehmend Erfahrung mit schwierigen internationalen Gesprächspartnern. Die wirklich wichtigen Player in den aktuellen Krisen und Kriegen sind Autokraten – oder Präsidenten, denen wenig liegt an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

Dieser Vorwurf trifft auch den heutigen Gastgeber, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Der deutsche Kanzler versucht, es pragmatisch zu sehen. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz verweist Merz auf die geopolitischen Krisen, die von internationalen Mächten geprägt sind. Das erfordert für die Deutschen engere strategische Partnerschaften – und da führt laut Merz kein Weg an der Türkei vorbei.

Beide Länder seien gesellschaftlich und wirtschaftlich eng verbunden, sagt Merz, das sei das Fundament. Darüber hinaus seien sie sicherheitspolitisch gemeinsam in der NATO aufgestellt.

Wichtige Rolle bei internationalen Konflikten

Am Nachmittag war Merz mit militärischen Ehren von seinem Gastgeber empfangen worden. Die beiden kennen sich, weil sie am Rande internationaler Treffen schon kurz miteinander geredet haben. Heute war dann viel Zeit, die Probleme ausführlich zu erörtern. 

Der türkische Präsident spielt bei aktuellen Konflikten eine wichtige Rolle. Erdoğan ist maßgeblich am Friedensprozess im Nahen Osten beteiligt, auch beim Zustandekommen des Waffenstillstands in Gaza. Dafür dankte ihm der Kanzler während der Pressekonferenz. Merz hat mit Erdoğan beraten, wie dieser Friedensprozess weiter gesichert werden könnte, auch wenn beide sehr konträre Auffassungen zur Terrororganisation Hamas haben – und gegensätzliche Beziehungen zu Israel.

Merz: “Fest an der Seite Israels”

“Wir wünschen uns, dass die Türkei weiter auch ihre Möglichkeiten ausschöpft”, sagte Merz. Dies bedeute, dass “sie die Hamas dazu veranlasst, nun auch in die zweite Phase dieses Abkommens einzutreten”.

Merz betonte auf die Frage eines türkischen Journalisten hin, Deutschland werde immer “fest an der Seite des Staates Israel” stehen. Dies bedeute nicht, dass Deutschland jede Entscheidung einer israelischen Regierung akzeptiere. Die Hamas habe es aber in den vergangenen beiden Jahren in der Hand gehabt, den Konflikt um den Gazastreifen durch die Freilassung der Geiseln und das Niederlegen der Waffen zu beenden.  

An dieser Stelle widersprach Erdoğan. Dies sei ein Punkt, den er nicht teilen könne, sagte der türkische Präsident. Er verwies auf 60.000 Getötete im Gazastreifen durch israelische Angriffe und Bombardierungen. Der türkische Präsident warf Israel dabei erneut “Völkermord” und das Aushungern der palästinensischen Bevölkerung vor.  

Mit Blick auf die Hamas sagte Erdoğan, seine Minister hätten Anweisung bekommen, mit entsprechenden Ansprechpartnern in Kontakt zu treten. Details nannte er aber nicht. Am Ende wurde er wieder versöhnlicher und sagte, Deutschland und die Türkei gingen in der Frage der Zukunft des Gazastreifens “Hand in Hand”.  

Ukraine, Migration und die Menschenrechtslage im Land

Der Ukrainekrieg war ebenfalls Thema der Gespräche: Die Türkei möchte vermitteln und hat schon Treffen der Kriegsparteien organisiert. Bisher allerdings ohne großen Erfolg. Erdoğan hält sich alle Optionen offen: Er liefert Waffen in die Ukraine, macht aber bei den Sanktionspaketen der Europäer gegen Russland nicht mit. Merz wünscht sich da gemeinsame Fortschritte.   

Der deutsche Kanzler möchte mit Erdoğan auch beim Thema Migration vorwärts kommen. Er will, dass die Türkei Deutschland bei Rückführungen unterstützt. Es geht dabei nicht nur um türkische Staatsbürger, sondern auch um Abschiebungen nach Syrien. Man sei auf einem guten Weg, glaubt Merz.   

Aus Deutschland bekam der Kanzler die dringende Aufforderung, bei seinem Besuch die Menschrechtslage in der Türkei öffentlich anzusprechen. Das tat Merz kurz auf Nachfrage bei der Pressekonferenz. Er erklärte, dass es Sachverhalte in der Türkei gibt, die nicht unseren Vorstellungen von Rechtsstaatlichkeit entsprächen.

In Gesprächen mit Präsident Erdoğan habe er etwa Besorgnis über die Unabhängigkeit der Rechtssprechung geäußert, sagte Merz. Darüber spreche man miteinander. Konkreter wurde er aber nicht.  

Auch Charlotte Merz reiste mit

Es geht dem Kanzler erkennbar darum, die Beziehungen zur Türkei zu verbessern. “Lassen Sie uns das enorme Potenzial unserer Beziehungen in den kommenden Monaten und Jahren noch besser nutzen”, sagte Merz. Der Kanzler nannte die Verbindung zwischen Deutschland und der Türkei “in einer einzigartigen Weise breit und tief”.

Die Verbesserung der Beziehungen ist nebenbei auch ein Grund, warum er seine Frau Charlotte Merz mitgebracht hat. Es ist ungewöhnlich, dass die Kanzler-Gattin ihren Mann auf Antrittsbesuchen begleitet. Erdoğans Frau Emine hatte sie eingeladen. Der Kanzler weiß, dass Präsident Erdoğan großen Wert auf Familie legt. Merz sieht es deswegen als besondere Geste, dass sie als Ehepaar zu Besuch kommen.

Für Charlotte Merz war heute vieles Neuland. Zum Beispiel, wo man laut Protokoll bei Zeremonien wie Kranzniederlegungen steht – und wie man unterwegs ist, nämlich auch mal getrennt. Eine Limousine für den Kanzler und eine für seine Frau.

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