Mehr als 22.000 Menschen haben Geschlechtseintrag geändert

Mehr als 22.000 Menschen haben Geschlechtseintrag geändert

Ein Schild weist am Rathaus der Stadt Potsdam auf den Bereich Bürgerservice mit Standesamt, Staatsangehörigkeitsbehörde, Namensänderungsbehörde und Auslandsbeglaubigungen hin. (Archivbild vom 30.10.2023)

Stand: 29.10.2025 14:47 Uhr

Seit einem Jahr erleichtert das neue Selbstbestimmungsgesetz Menschen, ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Daran gibt es immer wieder Kritik. Jetzt hat das Statistische Bundesamt neue Zahlen veröffentlicht.

Tobias Faißt

Seit fast einem Jahr ist es möglich, den Geschlechtseintrag im Pass durch eine einfache Erklärung beim Standesamt zu ändern. Zum 1. November 2024 hat das Selbstbestimmungsgesetz das sogenannte Transsexuellengesetz ersetzt.

Davor mussten Menschen, die ihr Geschlecht ändern wollten, zwei psychiatrische Gutachten einholen und die Entscheidung eines Gerichts abwarten. Dies war mit hohen Kosten und intimen Fragen, beispielsweise zum Masturbationsverhalten, verbunden.

Auf das neue Selbstbestimmungsgesetz haben viele transgeschlechtliche Menschen gewartet, wie nun vorläufige Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Seit dem 1. November des vergangenen Jahres haben demnach 22.049 Menschen ihren Geschlechtseintrag ändern lassen.

Die vorläufigen Zahlen für die Monate von Januar bis Juli 2025 hat das Statistische Bundesamt laut eigener Aussage aufgrund vermehrter Presseanfragen, unter anderem einer aktuellen der ARD, veröffentlicht. Sie liegen weitaus höher, als das zuständige Bundesfamilienministerium bisher angenommen hat.

Auf ARD-Anfrage heißt es aus dem Ministerium: “Die Bundesregierung geht weiterhin davon aus, dass die in der Gesetzesbegründung zum [Selbstbestimmungsgesetz] genannte ungefähre Durchschnittszahl von 4.000 Anträgen pro Jahr realistisch geschätzt ist.” Tatsächlich haben aber allein 2025 bereits 12.056 Menschen die Möglichkeit genutzt, ihren Geschlechtseintrag zu ändern, wie die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen.

Selbstbestimmungsgesetz steht in der Kritik

Gegner der neuen Regelung haben schon während des Gesetzgebungsverfahrens kritisiert, dass es zu einfach gemacht werde, den Geschlechtseintrag zu ändern. Der Fall der Rechtsextremistin Marla-Svenja Liebich, die im Januar ihr Geschlecht von männlich zu weiblich ändern ließ, befeuerten die Debatte zusätzlich. Unter anderem Innenminister Alexander Dobrindt äußerte sich dazu, dass Liebich das neue Selbstbestimmungsgesetz missbraucht, und forderte eine Anpassung der Regelung.

Befürworter des Gesetzes weisen immer wieder darauf hin, dass der Prozess der Geschlechtseintragsänderung nach dem alten Transsexuellengesetz entwürdigend gewesen sei. Unter anderem deshalb hätten viele Menschen auf die Neuregelung gewartet. Das spiegelt sich auch in der Statistik wider: Im November 2024 haben 7.057 Menschen die Möglichkeit genutzt, im Dezember 2.936. Im Juli 2025 waren es noch 1.244. Die Zahlen gehen seit der Gesetzesänderung stetig zurück.

Vergleichbarkeit kaum gegeben

Von Januar bis Oktober 2024 haben nur 596 Menschen ihren Geschlechtseintrag geändert. In dieser Zeit war bereits klar, dass das Transsexuellengesetz abgelöst wird. Ein Vergleich mit früheren Daten ist nur schwer möglich. “Daten zu Geschlechtseintragsänderungen im Geburtenregister können in der Bevölkerungsstatistik zum ersten Mal für das Kalenderjahr 2024 ausgewiesen werden”, heißt es beim Statistischen Bundesamt.

Die Daten für das Jahr 2024 geben zudem Aufschluss darüber, wer die Möglichkeit nutzt, sein Geschlecht zu ändern. Von weiblich zu männlich waren es 4.778, von männlich zu weiblich 3.467, von weiblich zu divers oder ohne Angabe 1.630 und von männlich zu divers oder ohne Angabe 691 Menschen. Von den 10.556 Menschen, die ihr Geschlecht 2024 geändert haben, hatten vorher demnach gut 60 Prozent weiblich in ihrem Geschlechtseintrag stehen.

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