Krieg in Nahost und der Ukraine, Krisenzeiten für die Wirtschaft: Doch schaut man genau hin, gab es 2025 auch einiges, das gut lief – etwa bei Klimaschutz und Patenten. Und auch der Ausblick lässt hoffen.
Eike Wenzels Job ist es, in die Zukunft zu blicken. Berufsbezeichnung: Zukunftsforscher und Innovationsökonom. Beim Institut für Trend- und Zukunftsforschung (ITZ) in Heidelberg schaut Wenzel sich an, wie sich Märkte und Lebensstile verändern – und leitet daraus Prognosen und sogenannte Megatrends ab. Das sind Entwicklungen, die sich, gemessen an verschiedenen Parametern, für die kommenden 30 bis 50 Jahren abzeichnen.
“Die konkrete Analyse ist immer stark volkswirtschaftlich – sie fußt auf Studien, die wir teilweise selbst machen und auf Studien von anderen Instituten”, erklärt Wenzel.
Indien erreicht Klimaziel früher – keine Überraschung
So überraschte es den Innovationsökonomen nicht besonders, als Indien im Juli verkündete, dass nicht-fossile Energieträger nun 50 Prozent der installierten Stromerzeugungskapazität ausmachen. Damit erreichte Indien das Ziel des Pariser Klimaabkommens bereits fünf Jahre früher als vereinbart. Ein großer Erfolg. Denn: Indien, das bevölkerungsreichste Land der Erde, ist in absoluten Zahlen der drittgrößte Treibhausgas-Emittent der Welt – nach China und den USA.
Laut Wenzel vom ITZ liegt das unter anderem an der indischen Staatsform. Planerisch sei vieles einfacher, “weil Indien quasi ein autoritärer Staat ist”, sagt er. Man stelle fest, dass die exponentiellen Entwicklungen bei Erneuerbaren Energien nicht nur in China und im EU-Raum funktionieren, sondern auch in Indien.
Stromerzeugung aus Wind und Sonne auf Rekordhoch
Das gilt auch für die Stromerzeugung aus Wind und Sonne. In Deutschland haben Erneuerbare Energien einen steigenden Anteil am Strommix. In den Monaten Juli, August und September betrug er gut 64 Prozent der inländischen Stromerzeugung. Das teilte das Statistische Bundesamt mit und erklärte gleichzeitig, dass dies ein Höchststand für ein drittes Quartal sei.
Insgesamt wurden im Sommer 98,3 Milliarden Kilowattstunden Strom in Deutschland erzeugt und ins Netz eingespeist. Nach Angaben von Wenzel wird sich dieser Trend fortsetzen: “Was Erneuerbare Energien und E-Mobilität betrifft, ist der Kipppunkt, dass diese Technologie sich durchsetzen wird, längst erreicht.”
Die USA verpassten diese große wirtschaftliche Trendentwicklung dagegen im Moment, sagt Wenzel. “Die USA werden darunter leiden. Sie werden weniger Erneuerbare Technologien exportieren, als China und Europa das können.”
In Deutschland wieder viele Patente angemeldet
Und auch um den deutschen Erfindergeist steht es nicht schlecht: 2025 wurden in Deutschland wieder viele Patente angemeldet – das gab das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) bekannt. Demnach zeichne sich ein leichter Zuwachs zu 2024 ab. In 2024 gingen bei dem Amt in München 40.064 Anmeldungen aus dem Inland ein. Dazu kamen 19.196 Anmeldungen aus dem Ausland. Insgesamt wurden 2024 59.260 Patente angemeldet. Das sei 2025 überstiegen worden. Die genauen Zahlen gibt das DPMA immer im Frühjahr heraus – für 2025 also erst in einigen Monaten.
Für Wenzel zeigt sich daran aber bereits: “Wir sind als Innovationsstandort nach wie vor leistungsfähig.” Außerdem zeige das, dass Deutschland zum Beispiel bei “neuen bahnbrechenden regenerativen Energien wie der Erdwärme” nach wie vor was zu sagen habe. “Die Führungspositionen – auch weltweit – sind nach wie vor vorhanden.”
Man denke nur an das Unternehmen Mahle aus Stuttgart, “das die weltbesten Kühlsysteme für Elektroautos liefert”, fügt Wenzel hinzu.
Deutschland in Sachen KI nicht ganz abgeschlagen
Auch bei Themen wie Künstlicher Intelligenz sei es noch nicht zu spät – Deutschland habe den Anschluss an die USA und China noch nicht verpasst. In einigen Feldern, wie der Bilderkennung, sei man schon jetzt stark. “Wir müssen jetzt aber Zentren bilden und es ist ein gutes Anzeichen, wenn da auch Partner integriert werden, die eigentlich aus ganz anderen Bereichen kommen”, glaubt Wenzel.
So ein Zentrum entsteht aktuell in Heilbronn. Der sogenannte IPAI Campus soll die Expertise Forschender und verschiedener Unternehmen beim Thema KI bündeln und Synergien schaffen. Wenzel glaubt: “Der Ansatz in Heilbronn ist absolut richtig.”
Bluttest für Krebs-Früherkennung entwickelt
Im Jahr 2025 gab es auch gute Nachrichten im Bereich Gesundheit – eine davon aus Baden-Württemberg: Forschende des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart können mithilfe eines Bluttests Bauchspeicheldrüsenkrebs erkennen und von einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse oder anderen Krebsarten unterscheiden.
Die neue Diagnosetechnik könnte in Zukunft die Gewebeentnahme aus dem Tumor mit einer Nadel überflüssig machen. Die sogenannte Flüssigbiopsie nutzt stattdessen zellfreie DNA, also Bruchstücke von Erbinformation, die im Blut zirkulieren. Die Methode ist praktisch schmerzfrei und deutlich schneller als der herkömmliche Test.
“Gesundheit ist ein Megatrend”
Auch diese Entwicklung überrascht den Trend-Forscher nicht. Wenzel ordnet ein: “Gesundheit ist für uns auch ein Megatrend. Da ist die technologische Entwicklung, aber auch gerade die Entwicklung in Künstlicher Intelligenz in den letzten Jahren so progressiv gewesen.” Außerdem sei das Thema Gesundheit für viele Leute immer wichtiger – ein weiterer Faktor, der einen Megatrend ausmache.
Wenzel prognostiziert, dass sich im Bereich der Krebsforschung auch in den kommenden Jahren weitere Verbesserungen anbahnen. Dabei helfen könnten seiner Ansicht nach mRNA-Plattformen, Künstliche Intelligenz und personalisierte Medizin, “also Medizin, die genau an unseren Genpool rangeht und genau erkennen kann, was wirklich die Ursache für den Krebs ist”. Das sei ein Schritt in die Richtung, Krebs nachhaltig bekämpfen zu können.

