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Nach dem Treffen von Trump und Xi besteht die Hoffnung, dass der Handelsstreit zwischen den USA und China zumindest nicht weiter eskaliert – wenn die Vereinbarungen umgesetzt werden. Denn die beiden Supermächte bleiben Rivalen.
Die gute Nachricht: Die große Kollision im Handelsstreit zwischen den beiden größten Volkswirtschaften China und USA scheint erst mal abgewendet.
Mehr als 100 Prozent Zölle auf chinesische Waren ab Anfang November hatte US-Präsident Donald Trump noch vor Kurzem angedroht – China schien den Hahn für strategisch wichtige Rohstoffe, die seltenen Erden, zuzudrehen.
Beides hätte den Welthandel und Europa massiv in Mitleidenschaft gezogen. Beides, so scheint es, ist erst mal vom Tisch – und der Konflikt zumindest aufgeschoben.
Aufstellen für die nächste Runde?
Eine Verschnaufpause – wie lange die sein wird, ist aber ungewiss. Denn trotz freundlicher Worte beim Treffen von Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping bleibt die Rivalität zwischen China und den USA.
Beide Seiten dürften nun bestrebt sein, sich besser für die nächste Runde des Streits aufzustellen. Die USA versuchen sich zumindest mittel- bis langfristig neue Quellen für die seltene Erden – die für Hightech-Produkte gebraucht werden – zu erschließen, um die Abhängigkeit von China bei den wichtigen Rohstoffen zu brechen.
Die kommunistische Führung in Peking hingegen wird versuchen, Ersatz für US-Hightech-Chips zu entwickeln, um im Rennen um die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz aufholen zu können.
Vereinbarung ist Punktsieg für die USA
Viele Details der Vereinbarung sind allerdings noch unklar. Zieht man einen Strich unter dem, was bekannt ist – auch wenn es noch kein schriftliches Abkommen gibt -, sieht es eher nach einem Punktsieg für die USA aus. China schiebt eine Verschärfung der Exportkontrollen für seltene Erden für ein Jahr auf – sein schärfstes Schwert im Handelsstreit. Peking bekommt aber vor allem Zusagen für geringe Zollsenkungen.
Über Taiwan und die Lieferung von Hightech-Chips, die Peking so gerne hätte, wird erst gar nicht gesprochen. Dafür lobt Xi Trump ausdrücklich als Friedensstifter, etwa im Gazastreifen oder in Südostasien.
Wer die übliche Rhetorik der kommunistischen Partei kennt, kann vermuten, dass Xi die Worte nicht leicht über die Lippen gegangen sein dürften. Zumal Trump in einem Post kurz vor dem Treffen die Wiederaufnahme von Atomtests ins Spiel brachte.
China kauft sich Zeit – und wieder US-Soja
Interessanterweise sind Xis Ausführungen auch nicht in den offiziellen Verlautbarungen enthalten. China will sich Zeit kaufen, so ist zu vermuten. Denn sein Wirtschaftsmodell ist auf Export ausgerichtet und es braucht Zeit, um andere Absatzmärkte als Alternative zu den USA weiter auszubauen.
Außerdem kommt die Nachfrage im eigenen Land nicht in Gang – viele Chinesen sparen, weil sie in der Immobilienkrise Geld verloren haben. Die US-Industrie kann nun auf wichtige Rohstoffe hoffen – und die Sojabauern in den USA darauf, ihre Produkte wieder nach China zu verkaufen. Vorausgesetzt die Vereinbarungen werden umgesetzt.
Europa kann nur hoffen, dass es ebenfalls von Handelserleichterungen profitiert – denn auch die europäische Industrie braucht seltene Erden. Die EU muss sich aber weiter auf unruhige Zeiten einstellen. Denn die nächste Eskalation im Handelsstreit zwischen China und den USA kommt bestimmt.
Jörg Endriss, ARD Peking, tagesschau, 30.10.2025 11:00 Uhr


