Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Voßkuhle, sieht die deutsche Demokratie bedroht. Überall auf der Welt kämen totalitäre Systeme kämen auf, sagte er dem Tagesspiegel. Deutschland sei da kein “gallisches Dorf”.
“Es ist möglich, dass die Deutschen ihre eigene Demokratie abwählen” – diese düstere Prognose stellt der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, auf. Dem Tagesspiegel sagte er, fast überall auf der Welt vollziehe sich ein Rechtsruck, und totalitäre Systeme bildeten sich.
In anderen EU-Ländern wie Ungarn sei das schon geschehen, Frankreich und Polen seien kurz davor. An den USA könne man sehen, wie sich das Land unter Donald Trump in Richtung eines autoritären Willkürregimes bewege. Auch in Israel sei eine Regierung an der Macht, die den politischen Gegner als Feind betrachte und einen klaren politischen Kurs Richtung Totalitarismus eingeschlagen haben.
Warnung vor Koalitionen mit AfD
Voßkuhle spricht von einem Trend, dem sich Deutschland kaum dauerhaft entziehen könne. Die Bundesrepublik sei kein gallisches Dorf. Der Jurist warnte vor Koalitionen mit der AfD. Jede demokratische Partei muss sich fragen, ob sie mit einer Partei kooperieren will, die die Demokratie abschaffen will – ob sie “mit dem Teufel ins Bett geht”.
Die AfD wolle den “Parlamentarismus westlicher Prägung abschaffen” und bedrohe die Meinungsfreiheit, so Voßkuhle. Sie sehe andere Parteien nicht als demokratische Wettbewerber, sondern als “korrupte Eliten und Volksverräter”. Intern gebe es keine offenen Debatten: “Der AfD fehlt die DNA der pluralistischen Demokratie.” Dass viele AfD Wähler auf eine Stärkung gemäßigter Kräfte hoffen, halte er für illusionär.
Mit Blick auf die Landtagswahlen in Mecklenburg Vorpommern und Sachsen Anhalt im kommenden Jahr betonte Voßkuhle, die Wahl eines AfD-Politikers zum Regierungschef hätte “eine enorme Vorbildwirkung” und könne illiberale Entwicklungen im ganzen Land verstärken: “Was in einem Land passiert, kann auch im Bund passieren”, so Voßkuhle.
Klarnamenpflicht im Netz gefordert
Um die Diskurskultur im Internet zu rationalisieren, schlägt Voßkuhle eine Klarnamenpflicht vor. Diese könnte öffentliche Diskussionen entgiften und wäre seiner Ansicht nach verfassungsrechtlich zulässig. Die Verrohung im Netz halte die Gesellschaft auf Dauer nicht aus.
