In den vergangenen zwei Jahren waren die Weihnachtsfeierlichkeiten in Bethlehem stark eingeschränkt, in diesem Jahr kamen wieder Tausende in die Stadt und jubelten Kardinal Pizzaballa zu. Dieser rief zu einem “Weihnachten voller Licht” auf.
Trommeln, Weihnachtslieder und Dudelsäcke unter strahlend blauem Himmel: Erstmals seit Beginn des Gaza-Krieges sind in Bethlehem im Westjordanland wieder Menschen aus aller Welt zu offiziellen Weihnachtsfeierlichkeiten zusammengekommen.
Christen wie Muslime strömten durch die Altstadtgassen. Auf dem Manger-Platz vor der Geburtskirche versammelten sich zahlreiche Menschen. Viele nahmen an einer Parade durch die enge Sternstraße teil, mehr als 4.000 Pfadfinder spielten mit Dudelsäcken, Trommeln und Blasinstrumenten Weihnachtslieder.
Rund 4.000 Pfadfinder zogen mit Trommeln, Dudelsäcken und Blasinstrumenten durch die Stadt.
Erstmals seit zwei Jahren wieder festliche Dekoration
Die Behörden der Stadt hatten in den vergangenen zwei Jahren wegen des Krieges im Gazastreifen auf die festliche Dekoration in Bethlehem verzichtet. Doch zum diesjährigen Weihnachten funkelte neben der Geburtskirche wieder ein hoch aufragender Weihnachtsbaum, der mit roten und goldenen Kugeln geschmückt war. Der Sakralbau aus dem vierten Jahrhundert wurde auf einer Grotte erbaut, in der nach christlichem Glauben Jesus vor mehr als 2.000 Jahren geboren wurde.
“Heute ist ein Tag voller Freude, denn wegen des Krieges konnten wir bisher nicht feiern”, sagte der 17-jährige Pfadfinder Milagros Anstas der Nachrichtenagentur AFP. Für die 18-jährige Pfadfinderin Katiab Amaya sind die wiederaufgenommenen Feierlichkeiten ein wichtiges Symbol: “Es gibt uns Hoffnung, dass es hier immer noch Christen gibt, die feiern, und dass wir die Traditionen weiterhin pflegen.”
Pizzaballa überbringt Grüße aus dem Gazastreifen
Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, der im Autokonvoi von der Jerusalemer Altstadt aus über den israelischen Checkpoint in die knapp zehn Kilometer entfernte Stadt gefahren war, legte die letzte Etappe wie in Vorjahren zu Fuß zurück. Nach zahlreichen Begegnungen sagte er, er spüre eine “Festfreude” und rief zu einem “Weihnachten voller Licht” auf.
Pizzaballa, der ranghöchste katholische Geistliche im Heiligen Land, sagte, er bringe Grüße von der winzigen christlichen Gemeinde des Gazastreifens mit, wo er am Sonntag eine vorweihnachtliche Messe gefeiert hatte. “Wir alle zusammen, wir entscheiden, das Licht zu sein, und das Licht von Bethlehem ist das Licht der Welt”, sagte er. Am Abend wird er seine traditionelle Mitternachtsmesse in der an die Geburtskirche angrenzenden Katharinenkirche halten.
Bereits am Morgen hatte Pizzaballa in einer Videobotschaft gesagt, Weihnachten solle in diesem Jahr im Heiligen Land so normal wie möglich gefeiert werden. Die Probleme seien nach wie vor bekannt. Es sei aber wichtig, eine Pause von all dem Leid zu haben und Weihnachten zu genießen. Auch das nächste Jahr würde Herausforderungen bringen.
Palästinensischer Vize-Präsident offenbar an Besuch gehindert
Am Gottesdienst in Bethlehem sollte auch der palästinensische Vize-Präsident Hussein al-Scheich teilnehmen – in Vertretung des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas. Nach Informationen der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa wurde er allerdings an einem Besuch in Bethlehem gehindert. Demnach konnte der Konvoi des Politikers nicht in die Stadt fahren. Eine israelische Reaktion zu den Vorwürfen gab es bisher nicht.
Trotz der im Oktober in Kraft getretenen Waffenruhe im Gaza-Krieg sind die Spannungen auch im Westjordanland noch hoch. Israel hatte das Westjordanland im Nahost-Krieg 1967 eingenommen. Die international anerkannte Palästinensische Autonomiebehörde verwaltet Teile des Westjordanlands, darunter Bethlehem.
Folgen von Gaza-Krieg in Bethlehem sehr bemerkbar
Die Auswirkungen des Gaza-Kriegs machen sich auch in Bethlehem stark bemerkbar. Hier sind örtlichen Behörden zufolge rund 80 Prozent der mehrheitlich muslimischen Bevölkerung auf den Tourismus angewiesen. Diejenigen, die sich im Laufe des Tages in der Stadt versammelten, waren hauptsächlich Einwohnerinnen und Einwohner, nur wenige von außerhalb waren anwesend.
Während des Krieges stieg die Arbeitslosenrate in Bethlehem von 14 auf 65 Prozent, wie Bürgermeister Maher Nicola Canawati diesen Monat mitteilte. Die Weihnachtsfeiern in Bethlehem enden am 19. Januar mit den Feiern der orthodoxen Armenier.

