Porträt
Er habe das “negative Getue” im Land satt, das Geert Wilders verbreite – Rob Jetten hat beste Chancen, neuer Ministerpräsident der Niederlande zu werden. Er will vor allem soziale Probleme angehen.
Als 22-jähriger Student hat sich Rob Jetten Ende der 1990er Jahre erstmals um ein Mandat im Stadtrat von Nijmegen beworben. Er studierte dort damals Verwaltungsrecht. Beim Flyerverteilen in der Innenstadt fragte ihn ein lokaler Radioreporter, ob er denn mal Ministerpräsident werden wolle. Jetten mit 22 erklärte, dies sei noch ein weiter Weg: “Vielleicht gehe ich in der Zukunft mal in die Landespolitik, aber vorläufig noch nicht.”
Viele Jahre später: Rob Jetten verteilt Flyer im Wahlkampf.
Heute, 16 Jahre später, hat der sozialliberale Politiker tatsächlich beste Chancen, der jüngste Premier in der Geschichte der Niederlande zu werden. Mit professionell gesteuerten Kampagnen in den Sozialen Medien und überzeugenden Fernsehauftritten hat Jetten in den letzten drei Wochen vor der Wahl eine kaum für möglich gehaltene Aufholjagd hingelegt. Sein Motto: “Het kan wel – es geht doch!” Eine kaum zufällige Reminiszenz an den Wahlspruch des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama: “Yes we can”.
Der 38-jährige hat sich damit bewusst als die optimistische Antwort auf den Negativismus präsentiert, den Geert Wilders nach Jettens Auffassung seit Jahren verbreitet.
Ich selbst habe dieses negative Getue wirklich satt. Den ganzen Tag jammern, was alles nicht geht. Lass uns doch lieber schauen, wie wir gemeinsam vorwärts kommen.
Jetten will zehn neue Städte bauen lassen, um die Wohnungsnot zu bekämpfen, alle Altbauten werden saniert, Kitas sollen kostenlos sein und jeder Niederländer soll von seinem Fenster aus mindestens drei Bäume sehen können. Mit diesen Forderungen schärfte er das soziale Profil seiner Partei.
In der Asyl- und Migrationspolitik dagegen rückte er die Demokraten66 deutlich nach rechts, um Wilders jene Wähler auszuspannen, die Angst vor Überfremdung haben und weniger Zuwanderung wollen.
“Um ein viel strengeres und trotzdem gerechtes System zu bekommen, musst du die europäischen Außengrenzen bewachen, die faulen Äpfel herauspicken und schneller abschieben. Und auf der anderen Seite werden immer Menschen vor Krieg und Gewalt flüchten, und die fangen wir in den Niederlanden auch auf”, so Jetten.
Jetten ist jung, eloquent, sympathisch und freundlich. In den Medien wird er gerne mit dem damaligen Ministerpräsidenten und heutigen NATO-Generalsekretär Mark Rutte verglichen, der Anfang 40 war, als er zum ersten Mal Regierungschef der Niederlande wurde. Aufgewachsen ist Rob Arnoldus Adrianus Jetten in Uden, einem Dorf in der Provinz Noord Brabant.
Seine große Leidenschaft als Jugendlicher galt dem Sport: Laufen und Fußball. Mari Verhofstad, sein Jugend-Trainer beim Club Udi, erinnert sich: “Wir spielten damals in der 3. B-Junioren-Liga des Landes. Rob war wegen seiner Schnelligkeit durchaus gefährlich – wie heute in der Politik. Ich finde, dass er es sehr gut gemacht hat, und natürlich bin ich stolz darauf.”
Jetten hat lange in einem Dorf direkt an der deutsch-niederländischen Grenze am Niederrhein gewohnt und ist mittlerweile nach Den Haag gezogen. Er ist verlobt mit dem argentinischen Hockey-Nationalspieler Nico Keenan, der für einen Den Haager Club in der ersten niederländischen Liga spielt. Damit ist er heute das, was Jetten als junger Mann auch gerne geworden wäre: ein Profisportler.
Ludger Kazmierczak, ARD Den Haag, tagesschau, 31.10.2025 13:38 Uhr

