Im Bistum Trier wird heute der letzte Teil der Untersuchung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt veröffentlicht. Im Mittelpunkt stehen die Bischöfe Marx und Ackermann. Das Ergebnis könnte alte Diskussionen befeuern.
Wenn heute der dritte und abschließende Teil des Gutachtens zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Bistum Trier vorgestellt wird, dürften die Ergebnisse über die Grenzen der Moselstadt hinaus von Interesse sein. Dies liegt an den beiden Bischöfen, die dabei im Mittelpunkt stehen.
Da ist zum einen Stephan Ackermann, der seit 2009 die Diözese leitet und von 2010 bis 2022 der erste Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz war. Der 62-Jährige gilt – im Gegensatz zu einigen seiner Amtsbrüder – als engagierter Aufklärer. Er stand sich aber durch ungeschicktes Agieren und schlechte Kommunikation manchmal selbst im Weg. Hinzu kommt, dass sein Verhältnis zu Vertretern von Betroffenenverbänden immer wieder recht spannungsreich war.
Abgelehntes Rücktrittsangebot
Zum anderen geht es um Reinhard Marx, der von 2002 bis 2008 Bischof von Trier war und heute Erzbischof von München und Freising im Rang eines Kardinals ist. Auf ihn dürfte aus zwei Gründen geschaut werden: Erstens, weil ihm viele Katholiken aus Trier nachsagen, er habe sich in seiner dortigen Zeit stellenweise “wie ein Barockkönig” geriert. Zweitens, weil er im Mai 2021 Papst Franziskus seinen Rücktritt angeboten hatte, den dieser aber ablehnte.
Zur Begründung schrieb Marx damals, es gehe ihm darum, “Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten”. Es habe neben persönlichen und administrativen Fehlern “eben auch institutionelles oder systemisches Versagen” gegeben.
Als im Januar 2022 das von ihm in Auftrag gegebene “Gutachten zum sexuellen Missbrauch im Erzbistum München und Freising” veröffentlicht wurde, hieß es, er habe “sich zu wenig persönlich um Missbrauchsfälle gekümmert und diese vor allem seiner Verwaltung überlassen”. Konkret wurden ihm Verfehlungen in zwei Fällen vorgeworfen.
Vergleich zwischen München und Trier
Ob Marx zum Zeitpunkt seines Rücktrittsangebots schon wusste, was ihm das Münchner Gutachten zur Last legen würde, ist nicht bekannt. Auch wenn jeder Missbrauchsfall einer zu viel ist, verglichen mit Amtsbrüdern – beispielsweise in Freiburg oder Mainz – war es jedenfalls relativ wenig.
Umso genauer wird wahrscheinlich heute hingeschaut, was im Trierer Gutachten über ihn steht. Dürfte die dortige Zahl der Fälle deutlich über denen in München liegen, ist nicht ausgeschlossen, dass die Frage nach einem erneuten Rücktrittsangebot laut wird. Marx selbst hatte einen solchen Schritt nicht ausgeschlossen. Zudem gibt es ein Rom mittlerweile einen neuen Papst.
Wie zeigt sich angemessene Verantwortung?
Auch wenn sich die katholischen Bistümer in Deutschland bislang bei der Aufklärung von sexualisierter Gewalt deutlich engagierter gezeigt haben als die evangelischen Landeskirchen, Sportverbände oder Schulen – die wichtigste Frage der Betroffenenverbände wartet bis heute auf eine befriedigende Antwort: Wer übernimmt in den Bistümern die Verantwortung für die vielen Missbrauchsfälle? Und wie zeigt sich diese Verantwortung in angemessener Weise?
Zurückgetreten ist bislang nur ein deutscher Bischof: der ehemalige Osnabrücker Oberhirte Franz-Josef Bode im Februar 2023.

