Angehörige der Opfer des Massakers am 7. Oktober fordern eine unabhängige Aufarbeitung. Doch die Regierung von Premierminister Netanjahu will eine eigene Kommission einsetzen. Zudem soll ein kritischer Sender geschlossen werden.
Mehr als zwei Jahre nach dem Massaker der islamistischen Terrororganisation Hamas und anderer Extremistengruppen in Israel verweigert Premierminister Benjamin Netanjahu weiterhin eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle. Statt der Einrichtung einer staatlichen Untersuchungskommission befürwortet er die Ernennung einer Regierungskommission.
Ein Ministerausschuss billigte einen entsprechenden Gesetzesentwurf der rechtskonservativen Regierungspartei Likud, wie das Nachrichtenportal ynet berichtete. Am Mittwoch sei eine vorläufige Abstimmung darüber im Parlament vorgesehen.
Experten, Opposition und Angehörige ehemaliger Geiseln und Todesopfer des 7. Oktober kritisierten dies scharf. Sie werfen Netanjahu und seiner Koalition vor, ihren Teil der Verantwortung nicht übernehmen zu wollen, der zum politischen und militärischen Versagen an jenem Tag beitrug.
“Erhebliche Mängel”
Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara erklärte, der Gesetzentwurf enthalte “erhebliche Mängel”. Den Ermittlern werde es so unmöglich sein, den Geschehnissen vom 7. Oktober 2023 auf den Grund zu gehen und daraus belastbare Schlussfolgerungen zu ziehen. Ihrer Ansicht nach stellt der Vorschlag der Regierung politische Erwägungen über die Grundsätze einer unabhängigen und professionellen Untersuchung.
Jonathan Polin, der Vater von Hersh Goldberg-Polin, der in der Gefangenschaft der Hamas ermordet wurde, forderte ynet zufolge eine unabhängige Untersuchung. In einer Demokratie könnten staatliche und politische Entscheidungsträger sich nicht selbst untersuchen, erläuterte er.
Armeesender vor dem Aus
Zudem beschloss die israelische Regierung die Schließung des beliebten Armeesenders. Das Kabinett stimmte nach Medienberichten für einen entsprechenden Vorschlag des Verteidigungsministers Israel Katz, den Sender Galei Zahal bis zum 1. März 2026 zu schließen. Katz hatte dies damit begründet, der als kritisch geltende Sender transportiere “politische und spaltende Inhalte, die nicht mit den Werten der israelischen Armee übereinstimmen”.
Der TV-Sender i24news berichtete, der für den Sender verantwortliche Kommandeur, Tal Lev-Ram, habe signalisiert, die Entscheidung vor dem obersten Gericht anzufechten. Der Armeesender gilt als historisch und sendet seit 75 Jahren.
Die Opposition kritisiert die Entscheidung als Verstoß gegen die Meinungsfreiheit und als Versuch, die Medien zu kontrollieren. Die Regierung setzt sich auch für die Schließung des angesehenen öffentlich-rechtlichen Senders Kan ein.
